Ausflüge

Es empfiehlt sich, die Ausfahrt vorher auf Google Maps zu üben.

Girne

Kyrenia/Girne

Mein alter Kiez. Der alte Hafen ist völlig unbestritten der schönste im östlichen Mittelmeer. In den angrenzenden Gassen und auf der Hauptstraße gute Einkaufsmöglichkeiten und nicht nur Nippes. Dutzende von Bars, Restaurants und Spielcasinos. Schnuckelige kleine Hotels direkt am Hafen.

Fünf Tage Tatlisu, langes Wochenende in Kyrenia, dann wieder Tatlisu ist für Leute, die auch mal den gepflegten Rummel schätzen, eine sehr bedenkenswerte Alternative.

Hauptstraße nach Girne, lange in der Stadt kommt ein kleiner Kreisel, dort geht es links nach Bellapais, kann man an einem Tag zusammen mit Markt und Girne "machen". Mutig ca. 2km immer weiter den Berg rauf, kurz bevor die Straße eng, städtisch wird, kommt auf der rechten Seite ein manchmal bewachter Parkplatz.

Zu Fuß zwei-dreihundert Meter durch die nette Straße bis auf den Platz vor der Abbey. Gleich links ein Café mit einem alten Knacker als Lockvogel, dort erst mal Pause. Schräg gegenüber ist das Café mit dem berühmten Baum des Müßiggangs. Unter dem sind fast alle Versuche von Lawrence Durrell die Bauarbeiten an seinem Haus gleich um die Ecke in Gang zu halten, verzypriotisiert. Dem Café gegenüber ist der "Tatlisu Spor Kulübü".

Bitte? Tatlisu Sportclub ??

Die Antwort liefert die Geschichte. 1974 nach der Rettungsaktion von Präsident Ecevit, Sozialdemokrat, Dichter und Freund von Willi Brandt, konnten sich in den ethnisch gesäuberten Landesteilen die jeweiligen Sieger bedienen. Da sich die gut 20% der moslemischen Zyprioten auf gut 30% des Landes wiederfanden, hatten die einen Vorteil. Die griechischen Zyprioten, die den Schlamassel zusammen mit ihren Nazikumpanen vom griechischen Festland angezettelt hatten, haben das bis heute nicht verwunden und blockieren, aufgehetzt von den orthodoxen Pfaffen, jede politische Lösung.

Die türkischen Zyprioten aus Tatlisu sind also flugs aus ihrem damals abgelegenen Dorf in das noble Bellapais oberhalb von Kyrenia umgezogen. Ihren Kickverein haben sie natürlich mit samt dem Namen mitgenommen. Deshalb heißt jetzt der Tatlisuer Fußballclub "Sedarlik Spor".

Die Straße dazwischen führt zu Durrells Haus, ich war noch nie dort, obwohl ich viel von Durrell gelesen habe.

Interessanter ist sicher die Klosterruine. Traumhaft gelegen, atemberaubende Aussicht und die Geschichte der verlotterten Mönchlein. Dort muss es so fleischlich zugegangen sein, dass der Papst aus dem fernen Rom extra einen Inquisitor entsandte. Dieser kam aber mit der Erkenntnis zurück, dass die frommen Brüder absolut reformunwillig seien. Erst die Invasion der Osmanen 1570 setzte dem munter katholischen Treiben ein Ende.

Von Bellapais nach Kyrenia wieder bergab, tendenziell rechts halten inch´Allah kommen sie wieder bei dem kleinen Kreisel raus, dort links weiter. Bald kommt der große, Doppelspur-Kreisel oberhalb des neuen Hafens. Gerade aus weiter ins Zentrum. Dort ist ein weiterer Kreisel, die dritte Ausfahrt beim Taxistand raus. Nach 100m langsam, dort kommt eine Einbahnstraße von links und in der Kreuzung führt ein Loch links in der Mauer auf einen kleinen Parkplatz. Der Besitzer ist – rein zufällig – mein alter, zypriotischer Kumpel Akai. Klein, Halbglatze, Hakennase, spitzbübisches Lächeln. Noch zentraler und preiswerter kann man nicht parken.

Links neben der Parkwächterhütte, in der auch Kanarienvögel gezüchtet und verkauft werden, ist der Ausgang auf besagte Einbahnstraße, überqueren und bergauf kommt man auf die Hauptstraße, bergab zum Hafen. Biegt man vorher bei der Mosche links ab, kommt man in die Altstadtgassen.

Von der Hauptstraße gehen nach dem Platz beim Roundtower nach rechts zum Meer hin drei Einkaufsstraßen ab. Im Roundtower selber ist eine Art Coop mit zypriotischem Kunsthandwerk, lohnt sich. Schräg gegenüber vom Roundtower geht ein überbauter Eingang in einen kleinen Basar mit Bekleidung, Schuhen, etc., und auf der rechten Seite nach 50m der Handtaschenladen. Super Qualität, hervorragende Imitate, die Damen sind erst mal verschwunden. Vorne an der der Ecke zur Hauptstraße können sie die Originale anschauen. Ich sag mal, die Besitzer sind – wie ich Zypern kenne – dieselben. Oh wundersamer Orient!

Hafen: Spazieren sie einmal bis ans Ende der langen Außenmole, der Besuch in der Festung lohnt sich, auch wegen des berühmten Kyreniaships, ein vor der Küste gehobener antiker Frachter. Am Hafen kann man recht gut essen und die Preise sind – mer muss och jünne künne!

Am Mittwoch ist in Girne Markt. Man kann Bellapais, Markt und s´Städtle an einem Tag „machen“. Mit einem Mietwagen mit Selbstbeteiligung muss man sich nicht unbedingt in das Parkchaos beim Markt stürzen. Wer´s trotzdem möchte, am Wasserspielkreisel nicht nach Lefkosa, sondern eine Ausfahrt weiter auf dem Bypass Richtung Zetinlik, Lapta, etc. Dann gleich beim nächsten Kreisel links und parken. Bol cancler! Viel Glück ! Lieber gleich bei Akai parken und von dort mit dem Taxi. Er soll sie dort vor dem Polizeihauptquartier absetzen. Telefonnummer für die Rückfahrt geben lassen. Nicht nur Gemüse, auch mal Teppiche, Kleidung und Werkzeug anschauen. Eine gute Stunde sollte reichen.

Immer noch unternehmungslustig? Also dann, Berg Heil, hinauf nach St. Hilarion!

Vom Parkplatz aus gerade, also 2. Ausfahrt über den Kreisel bis zum nächsten Kreisel mit dem Wasserspiel, gerade aus in Richtung Lefkosa/Nikosia.

(Falls sie direkt von Tatlisu kommen, beim ersten großen Kreisel oberhalb des neuen Hafens 1. Ausfahrt links auf den Bypass dann kommen sie nach ca. 1km auf den Kreisel mit dem Wasserspiel, dort wieder links Richtung Lefkosa.)

Mit der Autobahn bergan und wenn es flacher wird, geht es auf dem Pass rechts ab zur Burgruine St. Hilarion. Immer mutig weiter, auch von Militäranlage nicht aufhalten lassen. Erst wenn es am Eingang mit Kiosk und Kasse wirklich gar nichts mehr geht, links parken.

Bezahlen und zu Fuß weiter; ist anstrengend, aber lohnt sich. Manche fangen bald an von `Herr der Ringe´ zu faseln, sooo falsch liegen die auch wieder nicht. Ganz oben ist die Aussicht einfach HAGRRMMMMH! Man kann denen in Kyrenia in die Kochtöpfe schauen.

Nachdem sie sich einmal um 360 Grad gedreht haben, ist auch ihnen das alte strategische Gesetz klar: Wer St. Hilarion und damit den Pass zwischen Kyrenia und Lefkosa beherrscht, beherrscht das nördliche und östliche Zypern. Das hat natürlich auch der sehr belesene Premier Ecevit gewusst.

Die Türken sind gleich westlich von Girne am Five Mile Beach mit kleinen Kommandotrupps gelandet und haben den Pass mit Burg gesichert. Sie sind nicht mit Landungsbooten an die flache Westküste bei Güzelyurt gefahren, von wo aus man in einer Stunde mit dem Panzer locker in Lefkosa ist. Dort wollten die NATO-geschulten türkischen Generäle landen, dort haben sie die NATO-geschulten griechischen Militärs auch erwartet.

Lerne: Wer lesen kann ist klar im Vorteil!

Lala-Mustafa-Pascha-Moschee

Westküste und Mavi Kösk

Es ist eine lange Autofahrt, für die man sich einen ganzen Tag Zeit nehmen sollte. Zu sehen gibt es eine Gangstervilla, einen wirklich schönen Wald, andere Badeplätze und ein Maronitendorf, das aussieht, wie alle anderen Dörfer. Wer keine Freude daran hat einfach mal so durch die Gegend zu gondeln, sollte den Tag anderweitig nutzen.

Sie nehmen den gleichen Weg, wie nach St. Hilarion. Nach Kyrenia rein, beim großen Kreisel am neuen Hafen links bis zum nächsten großen Kreisel. Dort links bergauf Richtung Lefkosa.

Weiter oben an der Autobahnauffahrt geht es links nach Lefkosa, St. Hilarion. Sie fahren aber rechts nach Zetinlik, Alsancak, Lapta. Am Ende der Autobahn fahren sie automatisch parallel zum Meer.

Jetzt kommt gleich auf der rechten Seite ein Denkmal à la „Hungerkralle“ – das Denkmal für die Berliner Luftbrücke. Das ist der Platz, wo der fintenreiche Premierminister Ecevit seine Truppen landen ließ.

Kurz später wieder rechts ist oben an der Straße das Golden Bay Hotel und durch dieselbe Einfahrt fährt man zum Golden Bay Beach runter. Dort kann man nett baden und essen. Die Besitzer sind Zyprioten mit teils deutschen Pässen.

Weiter geht´s der Küstenstraße nach. Links geht es nach Alsancak und Lapta rauf. Wer möchte fährt oben durch die Dörfer am Berg entlang, traumhafte Aussicht, verwunschene Villen, dort wohnte schon immer englischer Expathochadel und nach 1974 kamen vereinzelt Schweden, Deutsche und andere Nordeuropäer, dazu.

Bei Güzelyali (Güzel = süß, schön, etc. yali = Sommerhaus) biegt die Straße in die Berge ab. Nach vier, oder fünf Großbordellen kommt recht bald auf der linken Seite ein Stausee. Von da wird das Wasser, das seit ein paar Jahren von Kap Anamur nach Gecitköy kommt, über die Insel verteilt. Das Wunder der Technik, eine 80 km lange Wasserleitung, die 250m unter der Oberfläche im Meer schwimmt, wurde von wem wohl gebaut.

Es werden 75 Millionen cbm Wasser pro Jahr auf die Insel gepumpt. Die Hälfte geht in Haushalte und Gewerbe, der Rest in die Landwirtschaft. Zum Vergleich: 75 Millionen cbm schiebt der Rhein bei Konstanz in zwei Tagen unter der Brücke durch.

Die Griechen wollen nichts davon, sie hätten vom Trodosgebirge her genug Wasser. Die Israelis bekommen nichts mehr, weil sie jetzt mit den Griechen und den inzwischen wieder säkularen Ägyptern beim Offshore-Erdöl gemeinsame Sache machen. Die Libanesen betteln drum, wollen aber nicht dafür bezahlen, weil angeblich die Israelis sie vor ihrer Küste nicht nach Öl bohren lassen. Die Russen bauen ein Kernkraftwerk im türkischen Mersin und wollen von dort auch Wasser in ihre syrischen „Neuerwerbungen“ pumpen, vielleicht fällt davon doch noch was für die armen Libanesen ab. Oh wundersamer Orient!

In der Levante wurden vor gut 3500 Jahren das Alphabet, der Liebe Gott, das Geld, leider viel zu wenig, die Schminke, leider etwas zu viel und der Doppeltrippelagent erfunden. Die sind uns, wenn´s um alternative Wahrheiten geht, auch heute noch haushoch überlegen. Politisch/militärisch raushalten Deutschland. Besser die im Orient allseits beliebten und geachteten Ingenieure bleiben.

Diese Überlegung führt uns flugs ein paar Kilometer weiter zum gut ausgeschilderten Mavi Kösk (mavi=blau kösk=Kiosk=Sommerhaus). Byron Pavlides war der Prototyp des Levantiners und/oder Renaissancemenschen. Die Villa ist klassischer später Fünfzigerjahre-Stil. Indirektes Neonlicht als Deckenbeleuchtung, beleuchteter Swimmingpool, verschiedenfarbige Gästesuiten mit im Maßstab verkleinerten Kinderzimmern, eine reichhaltige Bibliothek, Abhörechos im Garten, Fluchttunnel im Schlafzimmer, und Maschinengewehr-Nester im Umland vermitteln einen frühen James Bond Film Charme. Die Griechen sagen, Pavlides war Autohändler, Rechtsanwalt und Berater von Präsident Marcos. Die Türken sagen, er war Mafiosi und seinerzeit der größte Waffenschieber der Levante. Die Führungen sind meist auf Türkisch. Es gibt dazu ein englisches Merkblatt. Lassen sie sich nicht einschüchtern, wandern sie einfach herum, wie es ihnen passt.

Ein Stückchen weiter die Straße runter Richtung Güzelyurt geht es rechts ab nach Akdeniz. Sie fahren durch den – von uns so geliebten – Akdeniz Orman =Wald. In Akdeniz selbst ist neben der Moschee das Café eines Lokalhistorikers/Künstlers, der auch ein Buch – finden sie bei uns zu Hause – über die Gegend geschrieben hat und da er gut English kann fragen sie ihn nach der Schotterpiste= dirt road= toprak yol zum Restaurant am Meer.

Ganz in der Nähe muss auch irgendwo Agia Irini sein, die Ausgrabungsstätte der zauberhaften Irini-Statuen. Über zweitausend archaisch-griechische Votivfigurinen befinden sich heute teils in Stockholm, teils in Nikosia. Diese lässig entspannten Menschen mit breiten Schultern, schmalen Hüften, blonden Haaren, spitzen Nasen und riesigen blauen Augen schauten neugierig lächelnd auf ihre noch junge Welt und nannten sie Kosmos = Schmuck, schöne Ordnung. Im Wort Kosmetik hören sie das Echo längst vergangener Daseinsfreude.

Falls sie noch stark sind, können sie jetzt noch einen Schlenker auf die westliche Inselspitze fahren. Wieder zurück an die Hauptstraße, links fahren und dann wieder links zum Maronitendorf Korucam abbiegen. Die Maroniten sind eine dem Papst in Rom verbundene altorientalisch-katholische Kirche. Für die Moslems sind sie Christen für die Christen Araber. Also kochen sie im Norden und Süden ihr eigenes Süppchen. Don´t mess with the Maronites! Sollen Menschen, Geld oder Dinge die Grenze ohne lästige Fragen überqueren, wenden sie sich an den maronitischen Taxifahrer ihres Vertrauens. Derselbe Ganef bringt aber auch an Weihnachten die Kerze mit der heiligen Flamme aus Bethlehem, die mit dem Flieger von Tel Aviv nach Larnaka kam. Maroniten und Katholiken zünden damit am Heiligen Abend die Kerzen des Christbaums an. Oh wundersamer Orient!

Jetzt noch vor bis fast an die Westspitze und auf der Küstenstraße über Girne nach Hause, mit Pause drei Stunden.

Eine kürzere Alternative ist, zurück nach Camlibel und von dort direkt über Nicosia und Gecitkale nach Talisu, knappe zwei Stunden.